Schicht im Schacht!

Mit dem Kinderkarneval der Plapperkiste und des CCW ging nicht nur närrische Zeit in Wartenburg zu Ende, sondern die lange Tradition der Schank- und Speisewirtschaft an diesem Standort.
Wenn zum 01.04.2020 Steffen Ludwig seine Gaststättentür abschließen will, sind über 300 Jahre Gaststättengeschichte vorbei.

Weit lässt sich die Geschichte im Groben zurückverfolgen.
Das Grundstück gehört zu den 20 „Alt-Häuslern“ im Ort.
Sie beginnt mit der Familie Gießmann, die erstmalig um 1700 nachweisbar ist.
Im Jahre 1732 verstarb Johannes Gießmann. Sein Sohn und später sein Enkel übernahmen Grundstück und Schankwirtschaft. Nebenher waren sie auch Schuhmacher, die Gastwirtschaft ernährte die Familie alleine nicht.

Enkel Johann Christoph Gießmann hatte 3 Töchter.
Johanne Renate heiratete 1805 Johann Gottfried Richter (1780-1850), den Sohn des Kossäthen Richter aus der Dorfstraße. Gottfried Richter war also der Gastwirt zur Zeit der Schlacht.

Die Geschäfte müssen in den folgenden Jahren nicht besonders erfolgreich gewesen sein.
1829 wurden „Taxation und Subhastation (Zwangsversteigerung) der Gottfried Richterschen Häusler- und Schanknahrung zu Wartenburg“ per Gericht angeordnet.
Offensichtlich übernahm danach sein Sohn Johann Christian Richter (1809-1857) (Gastwirt und Fleischermeister) die Insolvenzmasse.

Er hatte nur eine Tochter, Johanne Christiane Sophie (1835-1926). Diese heiratete den Wartenburger Hüfner Carl Friedrich August Richter (1832-1902), aus einer anderen der vielen Richterlinien in Wartenburg. Letzterer hatte reichlich Geschwister (13 Stück) und alle mussten irgendwie vermittelt und versorgt werden.

Mit dem früher Tod des Gastwirts Christian Richter übernahm offensichtlich ein Bruder des Schwiegersohnes, Louis Richter (1837-1912), die Wirtschaft.
Seinen Grabstein (im Gebüsch versteckt) findet man noch heute auf unserem Friedhof.

Das Festessen 1876 zur Einweihung der Kirche fand im „Richterschen Gasthofe“ statt.
Ebenso wird 1888 – zum 75. Jubiläum der Schlacht – der „Richtersche Gasthof“ als Veranstaltungsort benannt.

1906 kaufte der Gastwirt Ernst Wilhelm Wahren aus Burgkemnitz für 39.000 Mark das Grundstück.
Spätestens seit jener Zeit trägt die Gaststätte den Namen „Zur Weintraube“.
Bereits im Folgejahr verkaufte er das Anwesen an den ehemaligen Ziegeleibesitzer Friedrich Albert Irmer (1857-1942) aus Bergwitz, der am 01.10.1907 eröffnete.

Die Tochter Milda Irmer (1895-1978) heiratet am 28.09.1920 in Wartenburg Wilhelm Ludwig (1895-1976) aus Wartenburg und somit wurde es die Gaststätte „Ludwig“.

Wann das eigentliche Fachwerkgebäude errichtet wurde ist nicht bekannt – schätzungsweise um 1800.
Später, als Steinhäuser modern waren, wurde die Fassade verputzt und bestimmte Bereiche durch Ziegel ersetzt.
Der Saal wurde in den 30er Jahren durch Wilhelm Ludwig errichtet.

Im September 2020 Jahres würde sich die Übernahme durch Familie Ludwig zum 100. Male jähren.
Soll es das gewesen sein?

Tradition pflegt man am besten in dem man sie weiterführt.
Die Geschichte lehrt uns, in weitaus schlechteren Zeiten ging es auch immer irgendwie weiter!

(Günter Korge)

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