Theaterprojekt – ein Zwischenbericht Mai 2019

„Wartenburg- Rettet das Dorf“
Zwischenbericht Mai 2019/
Workshop-Phase Dorfkunst
Lichtinstallation- Riesen Glockenblumen/Dorffahnen und Bilder

Kunstprojektwoche in der Grundschule Dabrun/ 3. und 4. Klasse
Vom 13.-17.5.2019 (35 TN) Dorffahnen
In der Schule entstehen die „Neue Dorffahnen“. Die Kinder entwickeln ihre eigenen Wappen und Fahnen, und außerdem ein großes Wandbild aus Einzelbildern. Alles Bestandteile, die im August das Dorfbild im öffentlichen Raum transformieren werden.

Kunstworkshop „Das Dorf in einem anderen Licht erscheinen lassen“

mit den DorfbewohnerInnen: 11.-17.5.2019 (45 TN)

Es entstehen in diesen Tagen also Lichtkunstobjekte und „Neue-Dorffahnen“ die im August mit dem Theater- und Klangkunstprojekt (+Filmworkshop mit den Heimkindern im April) zu einem sozialen Gesamtkunstwerk fusionieren werden.

Beteiligt sind bisher schon 40 Kinder und ca. 50 Erwachsene, Eltern, Großeltern, Nachbarn.
Seit drei Tagen kommen täglich verschiedene Dorfbewohner im Alten Kuhstall zusammen, um an dem Projekt „Wartenburg in einem anderen Licht erscheinen lassen“ mitzuwirken.
Weitere Dorfbewohner sind im Sommer in der „heißen Inszenierungsphase“

beteiligt.

Es entstehen jetzt ca. 30 Stück, 5m hohe Leuchtobjekte – Glockenblumen, 75 Stück werden es insgesamt sein.
Von der Elektrik, über die Anfertigung der Blütenköpfe und Farbgestaltung sind diverse Arbeitsschritte zu tätigen.
Ein Elektrikermeister aus dem Dorf steht beratend zur Seite.

Der Ausgangspunkt für die Projektgestaltung in Bezug auf die Workshops war u.a. Folgender:
Wie kann mit wenig Mitteln und großer Beteiligung das Dorfbild künstlerisch wirksam verändert werden?
Ziel: Wir erschaffen über die Dramaturgie und die Module des Projektes Räume der Begegnung und des Austausches.

Unsere Idee (als Künstlergruppe) Wartenburg zu bespielen, wird jetzt gerade zur Idee der Dorfbewohner Wartenburg nach „Außen“ zu zeigen, Menschen einzuladen und die Zukunft des Dorfes und der Dörfer zum Thema zu machen.

Im Alten Kuhstall wird über die neuen Entwicklungen im Dorf gesprochen: Über die anstehenden EU- und Kommunal-Wahlen, über den neuen Vorstand im Heimatverein,
über Senioren die wegziehen, um eine bessere Anbindung an Bus, Bahn und Stadt zu haben,
über die katastrophalen Personal Verhältnisse in der Grundschule, die Buszeiten für die Kinder ab Klasse 5, über die Alte Schule (seit 15 Jahren leerstehend) und natürlich auch über das Theaterprojekt, Kunst und Kultur. Daneben wird auch überlegt, was im Dorf gerade visuell gestaltet werden muss- und wie es nach dem Theatersommer 2019 weitergehen soll. Der Alte Kuhstall verfügt seit einigen Monaten über eine Bierzapfanlage und fungiert gerade als inoffizieller Dorftreffpunkt. Die Stimmung ist lebhaft und anregend, es wird viel gelacht und gescherzt.

 

Die Stimmung ist ausgelassen und während sich die Dorfbewohner sich zum kreativen Workout treffen, entfaltet das Projekt seine Strahlkraft in die Region und darüber hinaus:
Erneut sind in verschiedenen Medien Berichte erschienen (Mitteldeutsche Zeitung, MDR (Radio-Beitrag Samstag 9.00Uhr) Wochenblatt, Online Kalender der Region,)
Die Flyer und Postkarten werden von den DorfbewohnerInnen versendet und verteilt, bis nach Berlin, Halle, Dessau, Wittenberg, Flensburg, Hildesheim und natürlich hier im Landkreis.
Alle Besucher im Kuhstall versorgen sich mit Flyern, Plakaten und Postern.

Am Do. 16.5. zum Dorfkino erscheinen auch einige Grüppchen aus anderen Gemeinden im Umkreis, die über die Presse und Bekannte von dem Projekt gehört haben. Ich gebe vor dem Film (voice of transistion) eine Einführung in die Projektthematik.
Anschließend angeregte Gespräche. Die Atmosphäre im „Alten Kuhstall“ schafft Geselligkeit.

Wir bekommen am Di. 14.5. eine Mail aus Norddeutschland: Ein Netzwerkprojekt aus

Niedersachsen, mit Förderung durch das Programm „Landkultur“ des Ministeriums für Landwirtschaft in Berlin (möchte einen Austausch mit dem Wartenburg Projekt). Mit in deren Team ist die Filmemacherin Antje Hubert (Film: „Von Bananen Bäumen träumen“),

Seit ca. 10 Tagen ist bekannt, dass die alte Dorfschule (ehemals 10 Jahrgänge), die seit 2006 leer steht und verfällt, zur Versteigerung steht für 19.000 Euro.

Das Gebäude ist natürlich vollkommen entwertet. Eine Unternehmensgruppe hatte sie vor Jahren für 60.000 Euro gekauft, als Immobilienvorrat für mögliche Seniorenheime. Jetzt wird ein Paket wertlose gewordener Immobilien, verteilt über das Land, von der Gruppe abgestoßen, nach über 10 Jahren Leerstand.

Die Dorfbewohner diskutieren was zu tun ist – kaufen, um neue Projekte zu ermöglichen oder kaufen, um zu verhindern, dass die „falschen“ Leute aus einer unerwünschten politischen Ecke hier aktiv werden, oder evtl. die Schule weiter vor sich hinrotten lassen.

Die alte Schule ist eine Wunde, eine folgenreiche Fehlentscheidung (der Verkauf damals)

Jetzt Symbol für das Dorfsterben. Ob mitgesteigert wird oder nicht bleibt offen.

Wenn wir am Rande Gespräche führen über die Situation im Dorf, kommt viel Frust und Sorge zu Ausdruck. Besonders der Landesregierung wird quasi Totalversagen

vorgeworfen, Kleingeistigkeit und überall bürokratische Hürden, Schulpolitik als Supergau- keine Schulleitung, keine jungen Lehrer, Personalmangel.

Die älteren Leute hier wissen nicht, was sie mit ihren Immobilien machen sollen, wenn sie alt sind und wie sie versorgt werden sollen.

Über einen Bürgerbus wird diskutiert und ein Leerstandskataster. Ziel ist es interessierten Familien Räume zu öffnen. Die Zeit läuft. Die aktive Bewohnerschaft bewegt sich um die Pensionsgrenze herum. Wenn jetzt nicht die jüngeren Familien Initiative ergreifen, wird der Niedergang des Dorfes weiter gehen, durch Wegzug, Vereinssterben und Geschäftsschließungen.

Die Dorfinitiative sagt, die Themen werden erst seitdem so intensiv besprochen, seitdem wir als Künstlergruppe den Raum dafür geöffnet haben. Wir denken, „der fremde Blick“ ist hilfreich. Wir als Künstler hingegen lernen etwas über die deutsche Realität in der Provinz, die keine Reportage so rüberbringen könnte. Wir sehen das kulturelle Potential des Dorfes. Wie es aussieht wollen viele Dorfbewohner im September nach dem

Theaterprojekt mit uns beraten, wie oder was sie fortführend in Angriff nehmen wollen.

Die Nachhaltigkeit unseres Projektes scheint sich langsam zu manifestieren.

Ebenfalls als Randgespräch im Kunstprojekt hören wir, dass Wartenburg im

Katastrophenfall einer Elbeflut aufgegeben werden würde- als Flutungsgebiet. Der Ortsrat hat versäumt ein Veto einzulegen. Die Deiche wurden zwar alle erhöht, aber wenn‘s mal ganz heftig kommt, würden bestimmte Elbareale geflutet werden, um die Städte an der Elbe zu schützen(entlasten) Wir wollen diese Geschichte für unsere Inszenierung aufgreifen.

Die Werbung und die Öffentlichkeitsarbeit funktionieren bis hierhin optimal. Der partizipative Kunstprozess dieser Tage war ein toller Erfolg, wir wussten nicht wie viele Leute wirklich kommen würden und jetzt sind fast alle „Blütenköpfe“ für die Installation

fertig geworden. Die Teilnehmer kamen aus allen Altersgruppen zwischen 5 und 80

Jahren.

Auch in der Schule lief alles planmäßig und damit sind wichtige künstlerischen Bestandteile des Projektes bereits fertiggestellt.
Material für Bühnen, Technik, Genehmigungen sind auf den Weg gebracht, ebenso

Sicherheitsfragen, die Beteiligung der freiwilligen Feuerwehr (Sicherheit), Jugendfastnacht-Gruppe (Ordner), Dorfinitiative (Getränkeverkauf) Nähfrauen (Deko und Ticketverkauf), GEZ.

 

Folke Witten-Nierade

Künstl. Leitung

Wartenburg, Steinbergkirche, den 19.Mai 2019

 

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